Lernen im Unterricht
Lernen und Leistung
Lernen ist für uns vor allem ein individueller Vorgang, der sich in einer Person abspielt und der nicht direkt gesteuert, aber angeregt und bereichert werden kann. Wir wollen wir die Prozesse des Lernens so anlegen und begleiten, dass daraus für Jeden gelingende Bildung werden kann. Leistungen beziehen sich dabei sowohl auf fachliche als auch auf methodische und sozio-personale Kompetenzen. Die individuell unterschiedlichen Ausprägungen der Kompetenzen werden nicht als zu reparierende Defizite verstanden, sondern als lohnende Anknüpfungspunkte eigener Bildung. Viel leisten heißt deshalb bei uns, so gut wie möglich die eigenen Potentiale auszuschöpfen und dabei ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen individuellen Bedürfnissen, den Werten der Gemeinschaft und den Bedingungen in der Gesellschaft zu finden.
„Jeder hilft Jedem zu seinen besten Leistungen und bei einem guten Leben in der Schule“*– dies klingt einfach, führt an Grenzen und fordert uns jeden Tag heraus.
*Schülerzitat 9. Klasse
Wie nähern wir uns diesem Ziel?
- Lernfreude wird durch vielfältige Unterrichtsformen und interessante Lern- und Bildungsangebote gefördert (vielfältige Themen in der Freiarbeit, sinnstiftende Werkstattthemen mit spannenden und herausfordernden gemeinsamen Werkstattauftakten, Fachlernen in Sinnzusammenhängen etc.)
- Lernen wird so angelegt, dass es den Voraussetzungen und Möglichkeiten der einzelnen Kinder entspricht (verschiedene Zugänge, Unterstützungssysteme, Enrichmentmaßnahmen etc.), damit sich die Lernenden als selbstwirksame Gestalter ihres Lernens erleben können
- Mindeststandards werden kommuniziert und so gesetzt, dass jedes Kind der Lerngruppe sie erreichen kann (Basisteile sichern Erfolgserlebnisse für alle, Regelstandards oder Höchststandards werden abhängig von der Altersstufe und pädagogisch verantwortlich verdeutlicht, Kompetenzraster werden an Mindeststandards ausgerichtet)
- Der Lernprozess und die gemeinsame Reflexion sind genauso wertvoll wie das Lernergebnis (Logbuch- und Portfolioarbeit, Selbst- und Fremdevaluation begleiten Lernprozesse)
- Kriterien für eine „gute Leistung“ werden gemeinsam erarbeitet und für alle verständlich formuliert
- Es gibt vielfältige Möglichkeiten, um individuell erbrachte Leistungen zu präsentieren (nach jeder Werkstatt öffentliche Präsentation der Ergebnisse, Schaffung eines Gruppenklimas, in der jede Leistung Wertschätzung erfährt, Üben von wertschätzendem Feedback)
- Leistungsrückmeldungen erfolgen adressatengerecht und so, dass sie Entwicklungsprozesse befördern können und Beziehungen zu den Schülern stärken (über Lernentwicklungsberichte, vielfältige Methoden von gegenseitiger Schülerrückmeldung und Lehrerfeedback, Kompetenzraster und bis einschließlich Klasse 9 ohne Noten oder Punkte)
- Individuell gefördert werden Lernende im Unterricht wie Werkstätten, in Projekten, Freiarbeit, Kursen oder in Wettbewerben
Daran erkennen wir, dass wir auf einem guten Weg sind:
- Die jährlichen Schülerbefragungen, die bisher regelmäßig durchgeführten Elternbefragungen sowie die Rückmeldungen unserer Besucher spiegeln uns wider, dass das schulische Lernen an der Werkstattschule von Angstfreiheit und Lernfreude bestimmt ist
- Kein Kind unserer Schule hat in den vergangenen 15 Jahren die Schule ohne einen Schulabschluss verlassen
- Die Rückmeldungen ehemaliger Schüler zeigen, dass ihre ausgeprägte Leistungsbereitschaft und vor allem die hoch ausgeprägten methodischen, sozialen und personalen Kompetenzen gute Startbedingungen für Berufsausbildung oder Studium waren
- Der Anteil der Schüler, die einen gymnasialen Abschluss erwerben, ist (unabhängig von der sozialen Herkunft und Zusammensetzung unserer Schüler) von 50% auf 70% gestiegen.
- Unsere Abiturergebnisse liegen seit Bestehen der Abiturstufe weit über dem Landesdurchschnitt
- Die Ergebnisse der Abschlussprüfungen zur Berufsreife und zur Mittleren Reife liegen seit Jahren leicht über dem Landesdurchschnitt
- Unsere Schüler nehmen seit vielen Jahren sehr erfolgreich an Landes- und Bundeswettbewerben teil
- Schulinterne Kreativtage, Theater- oder Projektwochen, Sportwettbewerbe oder Mitmachaktionen ermöglichen neben den Aktivitäten im Unterricht eine Bandbreite an Möglichkeiten zum Zeigen und Würdigen besonderer Leistungen – wir ermöglichen jedem Kind „besondere Leistungen“
- Alle diese Ergebnisse bestärken uns:
- in unseren Bemühungen, in allen Jahrgängen Freiräume für individuelle Leistungsentfaltung durch eigene Themen und Projekte zu schaffen
- uns weder durch Zentralabitur noch „G8“ davon abhalten zu lassen, auch in der Oberstufe vor allem auf selbstbestimmtes Arbeiten mit großen (auch organisatorischen) Freiräumen zu setzen
Unterricht
Die Qualität des Unterrichts muss sich an den Ideen messen lassen, die wir von gelingender Bildung haben. Der Gedanke, dass in unserer Schule nicht Defizite, sondern Menschen in ihrem jeweiligem Lern- und Bildungsprozess im Fokus stehen, führt zu unserer Zielsetzung. Unterricht soll so angelegt sein, dass die Kinder und Jugendlichen zum eigenständig gestaltenden und den individuellen Bedürfnissen angepassten Lernen angeregt werden. Gute Unterrichtsqualität zeichnet sich für uns darin aus, wenn erkennbar wird, dass die Vielfalt der Lernenden berücksichtigt wurde. Dem Zusammenspiel von individuellen Bedürfnissen, gemeinschaftlichen Werten und gesellschaftlichen Bedingungen wird folglich in einer sinnvollen Kombination und Variation von unterschiedlichen Unterrichtskonzepten und -formen am besten Rechnung getragen. Neue Ansätze kommen ebenso zur Anwendung wie bewährte. Maßgebend ist hier immer die Ausrichtung auf den Adressaten von Bildung. Freiarbeit wird deshalb zielgerichtet kombiniert mit gelenkten Unterrichtsformen, Werkstattarbeit mündet in die Arbeit in Projekten, Einzelarbeit hat genauso ihren Platz wie kooperative Arbeitsformen.
Wie nähern wir uns diesem Ziel?
- Unterricht wird in multiprofessionellen und fachlichen Teams und auch häufig mit Schülern geplant und gestaltet. Unterrichtsplanung und die Erstellung von eigenen Unterrichtsmaterialien sind so fast immer Teamarbeit und für Jeden zugänglich
- Die Unterrichtsplanung versucht, die individuelle Vielfalt der Lernenden zu berücksichtigen (Lerntempi, Lerntypen, Interessen, kognitive und emotionale Entwicklungsstände, Geschlechterspezifik etc.)
- Unterricht findet deshalb sowohl in den altersgemischten Stammgruppen als auch in Kursen, Projekten und Werkstätten statt
- Die Lerninhalte orientieren sich am Lernenden (individuelle, lebensweltliche und gesellschaftsrelevante Bezüge), indem einem Basisangebot oft mehrere zu wählende Vertiefungsmöglichkeiten folgen
- Lerninhalte und Lernmethoden werden so gewählt, dass sie eine individuelle Förderung der fachlichen, methodischen und sozio-personalen Kompetenzen ermöglichen
- „Die Lehrer nehmen die Position des Richtungsschildes ein, das nicht nur in eine Richtung weist, sondern uns zum Hinterfragen anregt, damit der ganz individuelle Weg eingeschlagen wird.“(Schülerzitat)
- Offene und gelenkte Formen des Unterrichts stehen in einem ausgewogenen und sinnstiftenden Verhältnis (zeitliche gebundene Freiarbeitskonzepte in 1-4, 5/6 und 7/8 mit 6-10 Wochenstunden, Freie Werkstätten in allen Altersstufen, themengebundene Werkstätten in allen Altersstufen, gebundener Fachunterricht in allen Jahrgängen)
- Die Dauer der einzelnen Lernzeiten orientiert sich an den individuellen, inhaltlichen und organisatorischen Bedingungen
- Nach immer wiederkehrenden Unterrichtsevaluationen auf Fach- oder Jahrgangsteamebene werden neuen Unterrichtskonzepte entwickelt oder erprobte und bewährte Unterrichtskonzepte weiterentwickelt (im Rahmen fester Fachkonferenzzeiten, auf Klausurtagungen)
- Insbesondere in den Lernbereichen Nawi und Gewi sowie in den themengebundenen Werkstätten werden Bildungsinhalte fachübergreifend vernetzt betrachtet und bearbeitet. Die Inhalte und Methoden werden ständig gemeinsam überprüft
- Die Lerngruppengröße halten wir überschaubar bei 15 bis 24 Schülern.
Daran erkennen wir, dass wir auf einem guten Weg sind:
- Die Qualität des Unterrichts und der Lernstand sowie Lernerfolg werden im Unterricht kontinuierlich durch konstruktives z.T. wechselseitiges Feedback evaluiert.
- Unterrichtseinheiten und die großen Raum einnehmenden Werkstätten werden häufig zum Abschluss entweder im Kurs, in der Stammgruppe oder im Jahrgang reflektiert und evaluiert (z.B. Zielscheibenmethode oder Kartenabfrage: „Das habe ich gelernt“; „Das will ich noch wissen“)
- An der Evaluation der Unterrichtsqualität sind alle Lernenden beteiligt:
- Lehrer evaluieren und beraten sich gegenseitig im Rahmen einer kollegialen Evaluationen (KoEv)
- Schüler evaluieren einmal jährlich im Rahmen einer extern ausgewerteten Umfrage die Unterrichtsqualität in jedem Lernbereich, Ergebnisse werden in den Jahrgängen und Fachgruppen ausgewertet
- Eine regelmäßige äußere Evaluation der Unterrichtsqualität erfolgte auch durch den Besuch der BÜZ-Schulen, die Teilnahme an landesübergreifenden Studien und an den zentralen Abschlussprüfungen
Die Erfahrungen führen uns zu diesen neuen Wegen:
- Beratung, Teamteaching oder kollegiale Unterstützung greifen unkompliziert, wenn Lehrer für die Arbeit mit einzelnen Lerngruppen Unterstützung suchen
- Seit dem Schuljahr 2009/10 wurde in der Grundschule der zeitliche Rahmen für die Freiarbeit erweitert, um den Kindern noch mehr Möglichkeiten zum individualisierten Lernen zu ermöglichen, sowie im Jahrgang 5/6 ein erweitertes Freiarbeitskonzept umgesetzt (mit täglicher Arbeit an einem frei gewählten Thema, das jeweils einem großen inhaltlichen Bogen zuzuordnen ist) • Ebenfalls 2009/2010 wurde die Freie Werkstatt „Herausforderung“ für den Jahrgang 9/10 mit einem erlebnis- und abenteuerpädagogischen Schwerpunkt eingeführt.
- Aufbauend auf dem Freiarbeitskonzept 5/6 entstand altersspezifisch modifiziert ein neues Freiarbeitskonzept für den Jahrgang 7/8
- Seit dem Schuljahr 2011/12 entwickeln wir ein zusammenhängendes Feedbackkonzept. In einzelnen Jahrgängen findet dieses derzeit Erprobung
- Im Schuljahr 2012/13 haben wir uns auf einer Klausurtagung erneut grundsätzlich über Ziele und Format von Werkstätten verständigt
Daran arbeiten wir weiter:
- Aktuell evaluieren wir unser schulisches Reisekonzept, das aus mit dem Unterricht verzahnten erlebnispädagogisch orientierten Stammgruppenfahrten, Fremdsprachenreisen, Schüleraustauschen, politischen Bildungsreisen und Sportfahrten besteht. Wir möchten noch mehr als bisher zu unseren Zielen führende, für alle Schüler passende und finanzierbare Reisen planen
- Die Gewi-Fachkonferenz erarbeitet in den kommenden Schuljahren ein Konzept für ein noch einmal erweitertes Lernfeld. Ziel ist es, in diesem Zusammenhang mehr als bisher fachspezifische Zugänge zu bündeln und als Angebote für Lernende nutzbar zu machen, um übergeordnete Fragen (z.B. „Wozu sind Kriege da?“) zu beantworten
- Die Nawi-Fachkonferenz arbeitet an einem ähnlichen Konzept aus entsprechender Perspektive
- Auf der Suche sind wir nach differenzierten Beratungsinstrumenten, um ab Klasse 9 Übergänge mit Blick auf Abschlüsse noch fundierter zu empfehlen